Z9A_international
Galerie für aktuelle Kunst
"Galerie Z9A eröffnet mit Thomas Richartz"
Bisher fand Dietmar Müller seinen künstlerischen Ausdruck in Lichtkunst-Objekten und Performances.
Jetzt hat er die Seiten gewechselt und sich in der Zanggasse in Mainz einen lang gehegten Wunsch
erfüllt. Er eröffnete am 9. Mai 2003 seine Galerie Z9A.
Nicht jeder Künstler sucht und findet den Weg zum Publikum. "Viele Talente blühen leider nur im
Verborgenen", weiß Müller, "ich möchte diese jenseits der etablierten Szene tätigen Künstler
vorstellen und damit den Blick auf die aktuelle Kunst im Rhein-Main-Gebiet vervollständigen."
Zur Eröffnung werden Gemälde von Thomas Richartz ausgestellt. Die großformatigen Acrylbilder
des Mainzer Malers waren bisher nur Eingeweihten bekannt. Beim anfertigen seiner Bilder geht
Richartz an die Grenzen der physischen und psychischen Belastbarkeit. Eine extrem ausgeprägte
Selbstkritik zwingt ihn zu immer neuen Übermalungen von für den Laien "fertigen" Bildern.
Nicht nur in diesem Sinne wirkt seine Malerei vielschichtig. Seine auf wenige Farben reduzierte
Palette geht auf das Studium der alten Meister zurück. Bei den dargestellten Motiven handelt es
sich häufig um Artefakte aus archaischen Epochen. So fügen sich Speer, Klinge und Haken der
Bronzezeit mit anderen Elementen zu einer "Quelle der Qualen" zusammen. Hier interpretiert
Richartz das Erwachen des menschlichen Geistes auch als die Geburt von Folter und Zwang.
Dieser ambivalente Blick auf die Natur des Menschen ist typisch für die Arbeiten des Künstlers.
Gleichwohl verweigert er sich dem larmoyanten Kulturpessimismus des Mainstreams:
"Meine Bilder sind immer auch Zeugnis der Schönheit und der Würde des Lebens."
13. Mai 2003 Rhein-Zeitung, Mainz
"Blinde Justitia schlägt um sich"
Ein Raum mit bewegter Geschichte. Einst eine Bäckerei, dann ein Baghwan Zentrum mit Blick auf
einen Mainzer Hinterhof und ein Stück historischer Stadtmauer. Jetzt hat das Gebäude in der
Zanggasse 9a eine neue Bestimmung: Dietmar Müller wechselte die Seiten und eröffnet
hier die Galerie Z9A.
Der den Wiesbadener Fluxisten nahestehende Lichtkunst-Künstler, dessen Arbeiten zuletzt
im Landtag zu sehen waren, will hier ein Forum bieten für Künstler, die nicht unbedingt
von selbst den Weg zum Publikum finden. Jenseits der etablierten Szene will er in dem
rund 40 Quadratmeter großen Raum vorwiegend Künstler aus dem Rhein Main Gebiet zeigen.
Pro Monat plant Müller eine Ausstellung mit einer Laufzeit von zwei Wochen, will auch
Performances und Lesungen einbetten. Dass er mitunter auch im Sinne einer Produzentengalerie
eigene Werke zeigen wird, schloss der Absolvent des Grafik Design Studiengangs an der
Mainzer Fachhochschule nicht aus.
Den Start macht die neue Galerie mit einem Mainzer Maler: Thomas Richartz.
Richartz hat ebenfalls in Mainz studiert und kommt von der geometrischen Skulptur her.
Vor drei Jahren begann er mit großformatiger Malerei auf Nesselstoff. In vielen
Malschichten entstehen so wandteppichartige Werke. Neben neueren, wieder geometrische
Symbole aufgreifende Arbeiten stehen solche mit klassischen Motiven, dem griechischen oder
römischen Formenkanon entnommen. Sie sind inhaltlich und formal abstrahiert.
Ersteres zeigt sich besonders in "Rausgewunken & Erschossen". Eine blinde Justizia schlägt
medusengleich mit dem Schwert um sich. Formal verfremdet sind die figurativen Sujets vor
allem durch gerasterte Strukturen. Dabei bleibt die Palette mit hellem Gelb, Schwarz, Weiß
und Violett immer ähnlich. Ein GalerienStart mit eigenwilligen, metaphysischen Werken.
13. Mai 2003 Allgemeine Zeitung, Mainz
"Eine neue Galerie mit dem gewissen Hauch Anarchie"
Einst Wohnung, jetzt ein Schauraum: Graffiti-Ausstellung bei "Z9A".
Nur ein kleines Schild trennt in diesem Fall den Galeriebesuch vom Hausfriedensbruch.
"Z9A" steht darauf, ein Kürzel für die Adresse "Zanggasse 9A" und zugleich der Name
der neuen Mainzer "Galerie für aktuelle Kunst". Das Schild kennzeichnet die schwere
Holztür eines angeschlagen dastehenden Altbaus. Eintritt erlaubt.
Im Zwei-Wochen-Takt:
Hinein in den kleinen Hof, die ausgetretenen Holzstufen hinauf in den ersten Stock.
Im Hinterhaus steht die Tür offen zu "Z9A": ein Flur, ein großer Wohnraum, ein Zimmer
mit Kühlschrank, überall Holzboden. 20 Jahre hat Dietmar Müller in dieser Wohnung gelebt.
Jetzt ist er ins Vorderhaus gezogen. Und hat aus seiner alten Wohnung eine Galerie
gemacht. "Eine Produzenten-Galerie", fügt er hinzu. Im Zwei-Wochen-Takt lädt er
befreundete Künstler hierher ein, im Winter will er eigene Sachen vorstellen.
Dietmar Müller ist Musiker, Grafiker, Künstler, aber kein Galerist. Zumindest nicht unter
existenzsichernden Aspekten. Leben kann er von "Z9A" nicht. Die Gründe für die Eröffnung
liegen woanders. "Seit die Walpodenstraße und das Signalwerk geschlossen haben, gibt es so
gut wie nichts mehr für die alternative Mainzer Kunstszene", sagt Müller, der auch schon in
der Walpodenstraße aktiv war. "Und es lohnt sich finanziell auch überhaupt nicht."
Entsprechend haben ihm Freunde, auch Professoren der FH, von der Idee abgeraten.
Trotzdem gibt es die Galerie seit Mai. Und es gibt gerade eine neue Ausstellung dort.
Einen Graffiti-Künstler hat sich Müller in die Wohnung geholt - und damit dem in
Mainz so heiß diskutierten Thema eine legale Fläche geboten. Der Mann, der bei ihm ausstellen
darf, zählt sich zur alten Schule der Mainzer Sprayer: Daniel Otto (31) hat 1986 mit Graffiti
angefangen. Seine Biografie ist sprayertypisch: Mit 14 Jahren fängt Otto an, der Welt
Botschaften seiner Existenz zu hinterlassen. Sein "tag" landet auf allen Flächen, die er
erreichen kann. Er lernt mit der Dose zu malen, der Untergrund bleibt illegal: Wände, Tunnel,
Züge. Für ihn sei es keine Mutprobe gewesen, sondern ein Dialog mit dem Publikum.
Es folgt die Konfrontation mit der Justiz. Nachdem er Graffiti wiederholt auf Züge gesprüht hat,
wird er mit 20 Jahren verurteilt. Sozialstunden und Jugendarrest: "Das war eigentlich ganz witzig",
sagt er, und dreht sich eine Zigarette. Sein Galerist sagt dazu: "Im Spannungsfeld zwischen
Anarchie und Galerie entschied sich Daniel Otto Mitte der 90er für die Galerie." Der Mainzer
begann, Leinwände zu gestalten.
"Z9A" gibt mit der Schau "hin zum Licht" einen schnellen Überblick über Ottos Arbeiten.
Im Treppenhaus und in der Wohnung hängen mittelformatige Bilder in bunten Farben, die im
Dunkeln zu leuchten beginnen - wenn Schwarzlicht auf sie fällt. "Ich möchte die Leute entrücken",
sagt Otto. "Meine Arbeiten gehen in eine psychedelische Richtung." Er macht einen entspannten
Eindruck, als er das sagt.
Das Bild passt zu der neuen Galerie, die an drei Tagen in der Woche auf Besucher wartet.
Dabei ist der Besuch in der ehemaligen Wohnung genauso unprätentiös wie der Zugang: Mit
etwas Glück liegt im Kühlschrank sogar ein Bier kalt.
Andrea Mertes, 17. Juni 2003 Rhein-Zeitung, Mainz
"Im Fluss der Zeit"
Fotoausstellung in der Galerie Zanggasse 9a
Unter dem Motto "Nachträge zur Nichtigkeit unseres Daseins" werden derzeit Fotografien
von Otto Peter Boller in der Galerie "Z9A" ausgestellt. Im Hinterhof der Zanggasse 9A
eröffnet sich dem Galeriebesucher nach Besteigung halb verfallener Altbautreppen im ersten
Stock der Schauplatz, an dem kleinformatige Schwarz-Weiß-Fotografien einen prototypischen
"Akt des Verfalls" dokumentieren. An Drahtseilen mit Wäscheklammern aufgespannt, wird auf
rund ein Dutzend Bildern das Stilleben einer alten Bahnanlage in Worms porträtiert.
Dabei interessiert den Künstler weniger die Gesamtansicht des fast vergessenen Ortes, vielmehr
bezeugen kleine Ausschnitte die Spuren des Verfalls. Als Ort der Bewegung war die Bahnstation
für den Mainzer Fotografen Boller ein Ausgangspunkt für die Frage, welche Bewegungen des Verfalls
sich im Fluss der Zeit entwickeln. An einer verrosteten Stahlwand blättern die aufgetragenen Lettern ab,
so dass aus dem ursprünglichen Wort "Gartenabfälle" nur mehr "arteabfälle" zu entziffern ist.
29. Juli 2003 Rhein-Zeitung, Mainz
"Wie Wäschestücke"
Neue Galerie: "Z9A" eröffnet mit Fotoausstellung
Der Raum hat einen schrägen Hinterhof Charme, und in diesem Fall passt das durchaus zu den
hier gezeigten Fotos. "Z9A Galerie für aktuelle Kunst" hat Dietmar Müller das Zimmer
im Hinterhaus der Zanggasse 9 a genannt, wo die Fotos von Otto Peter Boller, mit Klammern
befestigt, wie Wäschestücke an einer Leine hängen. Fast scheinen sie frisch aus dem
Entwicklerbad zu kommen, diese Fotos, die wie in einem Übergangszustand präsentiert werden.
Bahngleise und Stellwerke sind auf den Schwarzweiß Fotos zu sehen, die am Rande des Verfalls
vor sich hin dämmern. Graffitispuren auf den Mauern einer alten Fabrikhalle, Steine auf
einem zerfaserten Stück Holz, ein verwittertes Schild mit der Aufschrift "Gartenabfälle"
das sind unauffällige Randerscheinungen in unserem Alltag, über die wir gerne hinwegsehen,
weil sie den Keim von Vergänglichkeit in sich tragen. Eine Stimmung von Melancholie und
leiser Tristesse geht von diesen Fotos aus, staub und kohlengrau scheint die Welt.
Ein Waggon mit Containerbeschriftungen steht vergessen vor tief hängenden Wolken, das
grobzackig herausgebrochen Glas in einer intakten Fensterreihe lässt den Anfang von einem
Ende erkennen, das unwiderruflich kommen wird.
Man kennt ähnliche Fotos aus Bildbänden über die untergegangene DDR, und immer entsteht dabei
der Eindruck, als ob hier jemand etwas festhalten wolle, um es dem Vergessen zu entreißen.
Die Fotos von Boller haben dies vielleicht weniger im Sinn, sie lenken aber unseren Blick auf
die Ränder des Alltags, weil sie den Dingen, die nun unnütz scheinen, ihre Würde zurück geben.
29. Juli 2003 Allgemeine Zeitung, Mainz
"Polaroid-Arbeiten in der Galerie Z9A"
Wohlwollend betrachtet, beginnt ein Besuch in der Galerie Z9A (Zanggasse 9a) wie ein
konspiratives Treffen. Vorbei an verhängten Sperrmüllablagerungen, steigt der Kunstfreund
über die steile Holztreppe im Hinterhaus. Man hat sich also aufgemacht, die Ausstellung
"Polaroid-Manipulationen" der Fotografen Michael Rippl, Bernd Weber und HO Turner anzuschauen.
Schließlich gelingt es, in dem recht kleinen Raum im Vernissagen-Gedränge einige Blicke auf die
Exponate zu werfen. Ungerahmt sind sie an die Wand gepinnt. Unprätentiös, alternativ gibt man
sich hier. Da das Fotografieren mit der Polaroidkammera per se wenig Variationsmöglichkeiten
bietet, waren die Drei auf Manipulationen während oder nach der zwei-minütigen Entwicklungszeit angewiesen.
Michael Rippls Verfremdungen scheinen besonders malerisch. Sie können pastös, flächig, farbig sein,
aber auch die Oberfläche des Bildes aufritzen und dadurch teilweise regelrecht netzartig
strukturieren. Seine großen Reihungen der kleinformatigen Polaroids verdeutlichen am
offensichtlichsten den experimentellen Charakter dieser Fotoschau.
Bernd Webers Serien fallen durch das Vorschalten unterschiedlicher Farbfilter und Raster auf.
Die Motive sind erkennbarer als bei Rippl. Da Weber mit manuell belichteten Filmen arbeitet,
die er anschließend serienweise der entsprechend vorbereiteten Polaroidkamera "in das gefräßige Maul"
wirft, entstehen seine vielschichtige Pola-Grafiken.
HO Turners Polaroids zeigen eine subjektive Welt des Lichts. Ahnlich wie bei Rippl verändert
er die Fotos durch „Verletzungen“ der Entwicklungspaste während des Trockenvorgangs.
Die zugrunde liegenden Motive sind Überlagerungen von Dias und Super-8-Filmen.
13. September 2003 Allgemeine Zeitung, Mainz
"Experimente an Polaroids"
"Polaroid-Manipulationen" von Michael Rippl, Bernd Weber und HO Turner sind ab
Freitag, 5. September, 20 Uhr, in der Galerie "Z9A", Zanggasse 9a, zu sehen.
Alle drei Künstler nutzen die Polaroids als Experimentierfeld. Rippl erreicht Verfremdungen,
indem er auf dem Bild herum malt oder Entwicklerpaste wegdrückt. Weber kombiniert manuell
belichtete Filme mit Polaroid, Turner fügt den Bildern während des Entwicklungsvorgangs
spontane "Verletzungen" zu.
3. September 2003 Rhein-Zeitung, Mainz
"Kaffeemaschinen unter sich"
Mainz ist nicht die Lower East Side in New York. Aber irgendwie scheinen solche Bilder
vom trashigen Hinterhof Charme schräger Galerien in den Köpfen junger Leute zu spuken,
die sich zur "Ausstellung Performance" "Das pochende Herz" in der Zanggasse 9 A eingefunden
haben. Man sitzt am Boden eines Raumes und rundum gurgelt es und blubbert. Dieses Geräusch
kommt von mehreren Kaffeemaschinen älteren Datums, die unablässig vor sich hin röcheln.
Auf einer Heizplatte stehen zwei Töpfe, die ebenfalls köcheln, während einer der Künstler
ein Pulver in die Flüssigkeit schüttet.
Das ist nicht die WG, die ihr Abendessen zubereitet, nein, das ist eine Performance mit dem
bedeutungsvollen Titel "Parallel".
Gleich daneben nämlich schüttet die Künstlerin Paula mit einer Schippe feinen Quarzsand über
eine weitere Kaffeemaschine am Boden, die aber ausgeschaltet ist. Über der gesamten Installation
schweben mobile gleich drei schwarze Pappmache Fische und dazu klingt leise Musik aus der Anlage,
die dem Ganzen ein entspanntes Fluidum verleiht. Wenn da nicht die fotografierenden und filmenden
Männer wären, die das ganze Kunstwerk für die Nachwelt dokumentieren.
An den Wänden und in den Fensternischen der "Galerie", die auf dem Plakat an der Haustür
auch als "Ultimate Academy" firmiert, finden sich als Kunstwerk getarnte Kitschbildchen
von Soldaten in grünen Tarnuniformen, die von silbrigem Sand und einem imitierten Perlenarmband
eingerahmt werden. Viel Mythisch Bedeutungsvolles wird hier geboten, wie das Foto von einem
älteren Herrn im T Shirt, der vom Fernsehschirm lächelt und darunter der Werbeslogan einer
Supermarktkette: "Plus. Prima leben und sparen".
Ein halbes Dutzend junger Leute hat sich selbstbewusst zu diesem Happening zusammengefunden,
an dem man privat sicher seine Freude haben kann. Da nimmt man auch den Hinweis auf den
Feuerlöscher ganz gelassen, nachdem zum dritten Mal die Hauptsicherung rausgeflogen ist,
wegen der vielen Kaffeemaschinen.
7. Oktober 2003 Allgemeine Zeitung, Mainz
"Kaffeekochen ohne Konzept"
Sinnfreie Anti-Kunst: Alberne Ausstellung der "Ultimate Academie"
Der echte Künstler schweigt und überlässt anderen das Interpretieren: Andy Warhol hat das
getan, und auch Marcel Duchamp kultivierte die schweigende Distanz. Die Künstler der
Kölner Gruppe "Ultimate Academie" sagen ebenfalls nichts.
Zum Eröffnungsabend der Ausstellung "Das pochende Herz" präsentierten sie absurde Performances,
dadaistische Objekte hingen an der Wand, und Malerei im Postkartenformat gab es auch zu sehen.
Aktuelle Kunst hat sich die Z9A-Galerie auf die Fahnen geschrieben - im Mai eröffnete sie in
Mainz und möchte seitdem diesem Konzept gerecht werden. Mit der jetzigen Ausstellung schwelgt
sie jedoch eher in der Vergangenheit und lässt 30 Jahre alte Fluxuskunst wieder aufleben.
"Vor fünf Jahren hätte uns die Öffentlichkeit noch nicht verstanden. Deshalb haben wir mit
der Ausstellung unserer extrem unkonventionellen Kunst noch etwas gewartet", meint der Künstler
Heinz Bleser. In seiner Performance, die er zusammen mit der Künstlerin Paula zum Besten gibt,
häufen sich auf dem Boden kochende Kaffeemaschinen inmitten von Wodkaflaschen und Kaffeefiltern.
Auf Kochplatten wird undefinierbarer Brei zubereitet, und Paula schaufelt Sand aus Zementsäcken
in eine ausrangierte Kaffeemaschine. Der Kontext zum Ausstellungstitel wird durch permanentes
Herzklopfen vom Tonband hergestellt.
"Ein Konzept gibt es nicht. Eigentlich lässt sich zu unserer Kunst auch gar nichts sagen", erklärt
Bleser den gedanklichen Hintergrund des Arrangements. Sich auf das Anti-Kunst-Konzept der
Fluxus-Bewegung zu berufen, macht sich gut. So lässt sich mit sinnfreien Inszenierungstechniken
experimentieren, ohne den Status des Künstlers einbüßen zu müssen. Allerdings drängt sich hier die
Frage auf, welchen Sinn eine Wiederholung Jahrzehnte alter Kunstgeschichte heute noch macht.
Auch die folgenden Performances zeigen in dem kleinen, maßlos überfüllten Galerieraum
statt zeitgenössischer Umsetzung der Fluxus-Kunst beinahe plagiathafte Annäherungen an die
mittlerweile zur Tradition gewordene Strömung. Holunda und Gottlieb Schlächt bewegen sich mit
ihrer Darstellung "unglaublich/signal kommt" nah an der Grenze zur Albernheit. Zu Triangel-Tönen
werden hier Zuschauerfüße massiert und zusammenhanglose Schreie ausgestoßen. Sinn und Zweck
der ganzen Sache soll die Auslotung positiver Energiefelder im Raum sein.
Selbst die Titelauswahl vom "pochenden Herzen" schlägt keine sinnvolle Brücke zwischen den
einzelnen Inszenierungen. Erklären kann den Titel eigentlich niemand, und die Kunstwerke an
der Wand bleiben ebenfalls anonym. Bei so viel Schweigen bietet sich nur noch die Möglichkeit,
die ausgestellte Kunst als allzu offensichtliche Nachahmung einer längst vergangenen Zeit anzusehen.
Bleibt zu hoffen, dass die nächste Ausstellung mehr zu bieten hat.
Anne Mareile Moschinski, 7. Oktober 2003 Rhein-Zeitung, Mainz
"Cuts"
Eine Ausstellung mit Installationen von Peter Weinheimer wird ab 7.11. in der Galerie Z9A gezeigt.
Die Auseinandersetzung mit Zeichen, Chiffren und Codes steht im Zentrum der Ausstellung.
In Plexiglas und Holz sind Zeichen, Zeichnungen und Fotografien integriert. Herausgelöst
aus der alltäglichen Bilderflut, ausgeschnitten ... "Cuts"... und in andere Beziehungen gesetzt,
werden sie als Zeichen erst sichtbar. Das üblicherweise nur beiläufig Wahrgenommene wird zum
Mittelpunkt. Glattes Plexiglas verleiht den einzelnen Motiven einen klaren Abstand zueinander.
Die Zeichen gewinnen eine eigene von ihren üblichen Zusammenhängen losgelöste Bedeutung
und verweisen gleichzeitig in der auf bestimmte Aspekte ihrer ursprünglichen Verwendung.
Die Zeichnungen haben als inhaltlichen Bezugspunkt den Krieg. Thematisiert wird aber nicht
der Krieg als solcher, sondern die visuelle Kriegsberichterstattung. Ausgangspunkt der
Bearbeitungen sind Zeichnungen und Fotografien, die mit Kohlenstaub und Leim bearbeitet,
überzeichnet sind. Die Motive sind teilweise auf bloße Schemen reduziert. Auch hier wird
der Zeichencharakter betont. Der Informationsgehalt in Bezug auf reale Ereignisse oder
reale Personen wird als marginal entlarvt. Statt Informationen werden Botschaften übermittelt.
Die Bilder mit denen die Berichterstattung üblicherweise unterlegt ist, appellieren und
lösen Affekte aus und tragen so dazu bei, Nachrichten interessant oder sogar zu Sensationen
zu machen. Die Bearbeitungen verschaffen dem Betrachter Distanz und die Chance eigene
Interpretationen zu finden.
5. November 2003 Pressemitteilung
"Ausstellung hat sich gewaschen"
Sollte Mainz so etwas wie eine Underground Kunstszene haben, dann findet man diese am
ehesten in der Zanggasse 9a. Etwas versteckt gibt es hier seit Mai die gleichnamige
Galerie von Dietmar Müller. Am Wochenende lud der Galerist und Künstler zu einer
Jahresabschlussausstellung.
In seinem ehemaligen Arbeitsraum dann staunt man, was es jenseits der "etablierten"
Einrichtungen eben so zu bestaunen gibt. Eine kalkweiße gekreuzigte Barbie hängt trüben
Gesichtsausdruckes an der Wand, eine "Flaschengarderobe" verwahrt Wasserflaschen,
abstrakte Farbenräusche auf Polaroids. Auch eine "beschädigte Frachtpost" ist dabei
auf einer Collage auf Amerika von Hans Jörg Tauchert wurde das schützende Glas zerdeppert.
Trotz zahlreicher "Fragile" Aufklebern auf dem Paket. Außerdem Dias, Acryl, Drucke,
Schnipsel; zusammengetragen hat Müller das aus mehreren Städten, zum Teil aus England
und Transsilvanien, und von 22 Künstlern, zum Teil aus Mainz: "Ich kenne die Künstler
zum Teil von meiner eigenen Kunst."
Der Wunsch nach Unabhängigkeit: "Ich wollte eine Galerie ohne Gelder, ohne Subventionen,
ohne Sponsoren!" Aber darum gehe es gar nicht in erster Linie, sondern um "die Kunst,
Plätze, Möglichkeiten". Mainz sei aber hinsichtlich seiner Kulturpolitik auch nicht besser
oder schlechter als andere Städte.
Dr. Treznok, Lyriktherapeut und "freischaffender Beamter des Flaschenpostamtes" unterstützte
Müller bei der Vernissage: er brachte das "mobile Flaschenpostamt" mit und lud die Besucher
ein, einen Brief zu verschicken. Um Mitternacht wollte Treznok die geflaschten Botschaften
dann dem Rhein übergeben. Viele machten mit, erfreuliche Resonanz für die Ausstellung,
die "sich gewaschen hat" (Müller).
Eine Besucherin: "Ich finde, dass die Z9A einen spannenden Kontrast zum übrigen
Kunstleben in Mainz beiträgt."
16. Dezember 2003 Allgemeine Zeitung, Mainz
"Gedankenlos wegschauen"
Der Wahlkölner verzerrt die Symbole der Gegenwart, legt sie auf
kryptische Landschaften, gibt ihnen die Fratzen der Vergangenheit,
vermittelt Formen, die durch "Körperabdrücke" entstehen.
Gefallene "Engel" oder "Adler" sind Motive, die in seinen Werken
immer wiederkehren.
Teilweise Mystik, teilweise globale Historienmuster, brachten ihn zum Malen.
Nach dem 11. September 2001 waren seine Gemälde plötzlich gefragt
wie nie zuvor. Ein Galerist schrieb ihm danach:
"Man kann nun nicht mehr gedankenlos wegschauen"...
5. Januar 2004 Pressemitteilung
"Unmittelbar, nicht plakativ"
Mainzer Maler Walter auf der Springe zeigt Ausstellung "Zwischenwelten"
Man muss nicht Kunst studiert haben, um Kunst zu schaffen. Ein gutes Beispiel dafür ist der
Mainzer Maler Walter auf der Springe mit seiner Ausstellung "Zwischenwelten" in der Galerie Z9A.
Seine Bilder befassen sich mit den vielschichtigen Beziehungen von Menschen untereinander oder
zwischen Menschen und ihrer Umwelt.
Etwa bei dem Gemälde "Sehnsucht": Es zeigt links im Vordergrund, ganz in gedeckten Farben,
einen Mann. Nur der Mantel, eine Art Helm und die Fläche das Gesichts sind zu erkennen. Genauere
Züge sind kaum auszumachen. Aber aus seiner Haltung und den angedeuteten Augen nach unten
gezogenen Mundwinkeln lässt sich erkennen, dass er sehnsüchtig auf die Tänzerin im Hintergrund
schaut. Ihr geschwungener Körper und die Falten ihres Kleides sind hier stärker herausgearbeitet
und farbiger. Anders, als es vielleicht auf den ersten Blick scheint, zeigt der Maler hier nicht
das Verlangen nach ihrem Körper. Der Mann sehnt sich vielmehr nach der Freiheit, der
Ausgelassenheit, die die Tänzerin in ihrer Bewegung ausstrahlt. Seine geduckte Haltung
und sein Helm lassen hingegen eher auf einen scheuen, verkrampften Menschen schließen.
Generell werden die Figuren und besonders ihre Gesichtszüge bei Walter auf der Springe
nur angedeutet. Manchmal wirken sie etwas flach. Andererseits bleibt so viel Spielraum zur
Interpretation der "Zwischenwelten".
Den Gemälden gehen keine Skizzen voraus: "Meine Bilder entstehen intuitiv, aus dem Moment heraus",
erklärt der Maler. "Sie sind Ausdruck meiner momentanen Stimmung, meiner Gedanken und Erinnerungen."
Die Emotionen versucht er so dezent wie möglich zu zeigen. So entstehen Bilder, die unmittelbar
auf den Betrachter wirken, ohne plakativ zu sein. Farben und Formen setzt der Maler so harmonisch
und ausdrucksstark ein, dass man nicht vermuten würde, dass er erst seit sieben Jahren malt und
sich die Malerei selbst beigebracht hat.
Der Vater von drei Kindern ist eigentlich Elektroniker. Er hat schon immer kreativ gearbeitet:
Für sich hat er Abstraktionen mit Fotografien und Collagen gestaltet. Dies ist seine erste
öffentliche Ausstellung von Gemälden.
Barbara Kleine, 17. Februar 2004 Rhein-Zeitung, Mainz
"Eintauchen in eine verständliche Welt"
Persönliches in Miniatur: Dietmar Müller zeigt in der Galerie Z9A seine Dia-Ausstellung "me-myself-I"
Es sind 64 Dias, verteilt auf ein Rechteck, das an der Wand hängt. Erst beim näheren Hinsehen
erkennt man die Figuren, die in den Diafilm geritzt wurden.
Alles ist in ein warmes Blau getaucht - doch dort, wo die feinen Linien die tanzenden Figuren
nachzeichnen, wo sich ein Paar zur Seite biegt, wo zwei Tänzer die Arme heben, einen Gleichschritt
wagen, da leuchtet es weiß. "Tanzen und Springen 2003" heißt die Arbeit von Dietmar Müller, die
nun in seiner Ausstellung in der Galerie Z9A zu sehen ist.
Schon der Titel der Ausstellung verrät genau, was der Künstler will. Und das ist zunächst nichts
Ungewöhnliches: "me-myself-I" präsentiert Persönliches in Miniatur. Ästhetisch aber hat sich Müller
einen neuen Rahmen gesucht. Auf Ausschussmaterial, noch unbelichteten Filmen ritzt er seine
Assoziationen, Erlebnisse, Eindrücke. Hier ist es ein Telekom-T, dort mystisch anmutende Muster,
woanders ein Vogel wie in der Arbeit "Dschungel - 2004". Jene ist nachcoloriert mit chinesischer
Tusche, zum Blau gesellen sich Grün und Gelb.
Dietmar Müller, Jahrgang 1960, lässt in seiner Galerie meist andere als sich selbst zu Wort kommen.
Nach der Schließung der Walpodenstraße und des Signalwerks will er seit Mai 2003 mit der Galerie Z9A
den Künstlern aus dem Rhein-Main-Gebiet mit monatlich wechselnden Ausstellungen ein Forum bieten.
Daran erinnert in der aktuellen Ausstellung ein Kunst-Video mit Aufnahmen der vergangenen
Ausstellungen.
Doch nun präsentiert Müller seine eigenen Arbeiten: Wie aufgefaltete Kaleidoskope nehmen die
Lichtobjekte mit ihren unterschiedlichen Farben den kleinen Raum der Galerie ein. Die Wanderung
entlang der Bildchen ist nicht mühsam. Im Gegenteil: Es ist ein Eintauchen in eine leicht
verständliche Welt von Gegenständen, Abstraktem oder Kalligraphischem. Hier geht es weniger um
die einzelnen Elemente an sich als um das Ensemble.
Der Künstler selbst nennt seine Werke ein Bildertagebuch. Das ist auch der Grund, warum die
Zeichnungen eher beiläufig wirken, nicht geplant und durchdacht - es ist keine hohe Kunst, keine
tiefsinnige künstlerische Reflexion. Hier geht es um Oberflächen, um das, was sichtbar ist:
Es ist eine Dokumentation für das Auge.
Franziska Richter, 21. September 2004 Rhein-Zeitung, Mainz